Deutliche Grenzen setzen
Praxisworkshop Selbstbehauptung und Selbstverteidigung für gehörlose und schwerhörige Menschen
Kreis Lippe/Detmold. Zehn Teilnehmerinnen haben zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung bei einem Praxisworkshop für gehörlose und schwerhörige Menschen im Landeskirchenamt mitgemacht. Der Workshop war eine Kooperation der Ev. Erwachsenenbildung und der Hörbehindertenberatung der Lippischen Landeskirche mit der Inklusionsstelle des Kreises Lippe und der Kreispolizeibehörde.
Seit 1993 soll der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung (3. Dezember) die Belange und Rechte von Menschen mit Behinderung weltweit stärken. Täter suchen sich oft Menschen mit Handicaps aus, weil sie vermuten, dass diese sich schlecht wehren können. Eine Studie vom Deutschen Gehörlosen-Bund bestätigt, dass gehörlose Frauen öfter von Gewalterfahrungen betroffen sind als hörende Frauen: „Während jede dritte Frau unter den Hörenden Opfer von sexualisierter Gewalt ist, ist jede zweite gehörlose Frau Opfer von sexuellen Übergriffen“, erklärt Bernd Joachim, in der Lippischen Landeskirche zuständig für die Hörbehindertenberatung. Hinzu komme, dass vielen gehörlosen oder hörbehinderten Frauen der Zugang zu Aufklärung, Unterstützung und Beratung aufgrund sprachlicher Barrieren erschwert wird.
„Praktische Übungen der Selbstverteidigung stärken das Selbstbewusstsein und helfen, mit der Körpersprache deutliche Grenzen zu setzen und ein deutliches „Nein“ zu signalisieren“, berichtete Kampfkunstlehrer André Dawson (50) aus Paderborn, der das Wochenendseminar zusammen mit Bernd Joachim leitete. Dawson kommt aus dem Sicherheitsgewerbe und arbeitet im Bereich Prävention, Deeskalation, Selbstschutz und Bedrohungsmanagement eng mit der Polizei zusammen. Selbstbehauptung im Inklusionsbereich sei sehr wichtig. Es komme darauf an, Gefühle wahrzunehmen, eigene Grenzen zu erkennen, um Gefahren zu vermeiden und körperliche Übergriffe abzuwehren.
Neben einer Information durch die Kriminalpolizei standen Übungen zur Selbstverteidigung und klare Abwehr-Kommunikation auf dem Programm. Die Gebärdendolmetscherin Andrea Schäfer begleitete das Seminar.
„Vor allem Schreien und um Hilfe rufen ist ein großes Problem", sagte Dawson. Viele der Frauen würden ihre eigene Stimme nicht hören und wüssten nicht, wie laut oder leise ihre Stimme klingt. Daher spielten nicht nur körperliche Selbstverteidigung, sondern auch Atem- und Schreiübungen eine wichtige Rolle. Ein weiterer Workshop ist im nächsten Jahr am 9. und 10. November geplant. Nähere Informationen unter: bildung@lippische-landeskirche.de
12.12.2023