Religionen im Gespräch. Mit Dieter Bökemeier, Josef Kalasch, Matitjahu Kellig, Monika Korbach, Nihat Köse, Sabine Hartmann und Dr. Dr. Markus Jacobs (von links).

Verlässliche Kraftquelle im Leid

„Wir müssen reden!“ – Talk der Religionen in Augustdorf

Kreis Lippe/Augustdorf. „Wenn ich nicht mehr weiterweiß – Religion und schwere Zeiten“ war das Thema bei „Wir müssen reden“ – Talk der Religionen, der diesmal mit etwa 30 Gästen in der Katholischen Kirchengemeinde Maria Königin des Friedens Augustdorf stattfand. In der Veranstaltungsreihe kommen Christen, Juden, Muslime und Eziden ins Gespräch. Ziel ist es, in Moschee, Kirche und Synagoge gegenseitiges Verständnis zu fördern und zur Vertrauensbildung beizutragen.

Josef Kalasch (Ezidischer Elternverein Lippe) erklärte, dass das Leben für Eziden eine Prüfung sei, die mit Geduld ertragen werden müsse und dass Gott dem Menschen freien Verstand gegeben habe, mit dem er Leid vermeiden und die Welt zum Frieden führen solle. Auch der Koran ermutige, Schicksalsschläge wie Krankheiten oder Heimatverlust im Gebet zu ertragen, betonte Nihat Köse (Islamisches Kommunikationszentrum Detmold). Ein Muslim solle sich genügsam und geduldig den Herausforderungen in schweren Zeiten stellen. „Kismet“ bedeute, dass alles von Gott vorherbestimmt sei. Viel Leid in der Welt hätten wir jedoch selbst zu verantworten. Die Frage nach der Ursache von Leid sei in den Religionen zentral, sagte Dieter Bökemeier, Landespfarrer für Ökumene und Mission der Lippischen Landeskirche. „Lässt Gott Leid nur zu oder straft er uns damit?“ Viele Antwortversuche seien unbefriedigend. Leid als Prüfung oder Strafe zu betrachten, lehne er ab. Es gebe keine Antwort auf die Frage. Weitere Fragen seien vielleicht wichtiger: „Welche Stärkung erhält man im Leid durch Religion, Gebet, Klage oder Seelsorge? Woher bekomme ich Kraft gegen Leid und Unrecht anzukämpfen?“ Ähnlich sah es Matitjahu Kellig (Jüdische Gemeinde Herford-Detmold). Er mahnte, dass man sich auf das wirklich Wichtige im Leben konzentrieren solle. Wir machten oft andere für unser Leid verantwortlich, anstatt eigene Schuld aufzuarbeiten. Oft würden Lappalien hochgespielt, wie zum Beispiel bei Verschwörungsideologen, die bereits durch Corona-Schutzmaßnahmen ihre Grundrechte bedroht sähen. „Damit das Böse gedeiht, braucht es nur gute Menschen, die nichts tun.“

Die Bedeutung des Kreuzes als Symbol des Leidens verdeutlichte Pfarrer Dr. Dr. Markus Jacobs vom Dekanat Bielefeld-Lippe. Christus zeige, dass der Weg zum Leben durch Leid führe. Jeder solle sein Kreuz auf sich nehmen und Christus nachfolgen. Der Glaube sei eine verlässliche Kraftquelle im Leid. Für Sabine Hartmann (Referentin für ökumenisches Lernen der Lippischen Landeskirche) ist der leidende Christus ein Trost. Jesus, der solches Leid überwunden habe, sei auch im Leid bei ihr. Durch Glaubensgeschwister aus Südafrika habe sie erfahren, dass es guttue, im Gebet Unterstützung zu erfahren. „Zum Menschsein gehören auch Leiderfahrungen“, ergänzte Monika Korbach (Bildungsreferentin der Lippischen Landeskirche). Es gebe keinen Menschen, der kein Leid kenne. Die meisten Biografien verliefen als Auf und Ab, Krisen seien Teil eines gelingenden Lebens. Mitmenschliche Hilfe und Nähe könnten eine große Stütze sein.

12.10.2020